Fünf Fragen an Dr Andreas Schmidbauer, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Raiffeisenbank Steyr
- Vom Bargeldversorger zu Anfangszeiten zur Beraterbank. Wie begegnet Ihre Bank diesem Trend? Unsere Bank hat wie viele Raiffeisenbanken eine sehr lange Geschichte. Dadurch war bis vor Kurzem natürlich auch unsere Bankstellenstruktur intensiv geprägt. Sechs Bankstellen auf engstem Raum, fünf davon in einem Radius von 2,5 Kilometer. Im November 2019 haben wir mit der Eröffnung des Raiffeisen Kompetenzzentrums Steyr fünf unserer Bankstellen auf einen Standort zusammen gelegt und haben jetzt viel bessere Möglichkeiten, uns für unsere Kunden zu spezialisieren. Das Bankgeschäft ist gerade in den letzten zehn Jahren sehr komplex geworden. Im neuen Haus arbeiten wir in vier strategischen Geschäftsfeldern: Privatkunden, Firmenkunden, Private Banking und Immobilien – und können unsere Kunden daher noch deutlich professioneller und punktgenauer beraten als bisher. Die Zeit des Universalbankers ist vorbei. In der neuen Struktur tragen wir dem Rechnung.
- Von der Beraterbank zur Digitalbank. Wie begegnet Ihre Bank dieseR HERAUSFORDERUNG? Wie alle anderen Banken haben wir gegenwärtig die Herausforderung, unser Geschäftsmodell so weiter zu entwickeln, dass wir einerseits die zeitgemäßen Möglichkeiten der Digitalisierung voll nutzen und uns andererseits von rein digitalen Geschäftsmodellen erfolgreich abgrenzen. Wir werden auch in Zukunft eine Beraterbank sein, wo es eine physische Anlaufstelle gibt. Das ist ganz klar. Aber wir greifen gleichzeitig alle zur Verfügung stehenden digitalen Instrumente auf und versuchen sie so nutzbar zu machen, damit sie unseren Kunden oder uns selbst Kostenvorteile, höhere Geschwindigkeit oder mehr Komfort bringen. Ich denke da zum Beispiel an Videokonferenzen in der Beratung, die elektronische Signatur oder die vollständige Digitalisierung interner Prozesse. Eine reine Digitalbank werden wir aber auch in Zukunft nicht werden. Auch künftig wird es viele Kunden geben, die bei ihren Finanzgeschäften einen persönlichen Ansprechpartner wollen. Vertrauen spielt bei Geldgeschäften eine große Rolle und Vertrauen ist nicht digitalisierbar.
- Wie sehen Sie das Bankgeschäft der Zukunft? Die Zukunft des Bankgeschäfts muss man meiner Meinung nach differenziert betrachten. Zahlungsverkehr, Bargeldversorgung und einfach strukturierte Produkte, wie zum Beispiel einfache Veranlagungen und Finanzierungen, werden mit der Zeit vollständig automatisiert und digitalisiert. Dinge aber, die man nicht mit einem Algorithmus einer Maschine übertragen kann, sprich wo es um Vertrauen, detailliertes Markt-Know-How oder komplexe Fragestellungen geht, werden auch in Zukunft nicht voll digitalisierbar bzw. automatisierbar sein. Hier wird auch künftig Beratung und der zwischenmenschliche Kontakt nachgefragt werden.
- Welche Erwartungen haben die Kunden heute an eine Regionalbank? Unsere Kunden brauchen uns heute ganz anders als früher. Früher waren wir Nahversorger für Bargeld und Zahlungsverkehr. Heute sind wir überwiegend Berater unserer Kunden. Wir nehmen mittlerweile aber auch eine gestalterische Funktion in der Region ein. Als Regionalbank sind wir Teil des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens, tun sehr viel für die Regionalentwicklung und sind so auch mitverantwortlich, ob unsere Region gedeiht oder nicht. Wir drücken das auch in der Architektur unseres neuen Gebäudes aus: Die Netzstruktur ist im Gebäude an vielen Stellen zu finden und das soll ausdrücken, dass wir uns als Teil der vernetzten Wirtschaft und Gesellschaft fühlen. Gerade in der aktuellen Krisenzeit müssen wir als gesunde Regionalbank für unsere Kunden ein stabiler Partner sein und sozusagen schauen, dass das Netz stabil bleibt. Das erwarten sich unsere Kunden und genau das tun wir.
- Welche Auswirkungen hat der Neubau auf die Organisation Ihrer Bank im generellen und im speziellen jetzt durch die Corona-Krise? Unsere Mitarbeiter arbeiten im neuen Raiffeisen Kompetenzzentrum Steyr – mit wenigen Ausnahmen – alle in Teambüros. Durch die Veränderung von Einzelbüros auf Teambüros im Zuge der Bankstellenzusammenlegung hat sich bei unseren Abläufen sehr viel verändert. Für Kundentermine und interne Besprechungen müssen nun Räume gebucht werden. Dafür stehen insgesamt 15 Kundenberatungs- und Besprechungsräume zur Verfügung. Da wir mit virtuellen Computerarbeitsplätzen arbeiten, ist der Arbeitsplatzwechsel bzw. der Wechsel in Beratungsräume technisch ganz einfach möglich. Wir arbeiten mit IP-Telefonie, daher nehmen wir beim Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz oder in einen anderen Raum auch unser Telefon immer automatisch mit. Anfangs war diese Umstellung für viele eine technische Herausforderung, mittlerweile haben sich aber alle daran gewöhnt. Beim Shut-Down in der Corona-Krise haben wir innerhalb eines Wochenendes ca. 50 % unserer Mitarbeiter eigentlich problemlos auf Home Office umgestellt. Dies war deswegen möglich, weil wir kurz zuvor unsere IT auf einen modernen Standard gebracht haben.
